Dieser Beitrag stammt aus SÜDNIEDERSACHSEN - Zeitschrift für regionals Forschung und Heimatpflege Ausgabe 01/März 2025 und ist von Dr. Gudrun Pischke. Da die Burg Grubenhagen in Sichtweite von Odagsen liegt, gehe ich davon aus das auch die Odagser von der Belagerung betroffen waren.
Im Sommer 1448 belagerte ein mehr als 16.000 Mann starkes Heer einer Fürsten- und Städtekoalition unter der Führung Landgraf Ludwigs I. von Hessen (1402-1458) vier Wochen Herzog Heinrich III. von Braunschweig (-Grubenhagen, 1427-1464) auf der Burg Grubenhagen. Diese Belagerung folgte nach dem Überfall Herzog Heinrichs auf die Stadt Hofgeismar und die Gefangennahme von Bürgern und des Vogts der Burg Schöneberg. Welchen Anlass hatte der Herzog, die westlich der Weser liegende Stadt anzugreifen? Warum nahm sich der hessische Landgraf der Sache an? Aus welchen Gründen unterstützten ihn andere - auch welfische - Fürsten und etliche Städte? Die Burg Grubenhagen wurde nicht eingenommen, weil die Angreifer die Belagerung abbrachen. Die Belagerer zogen wohl nicht einfach ab, sondern bedrohten - als „Nachspiel“ - die Stadt Einbeck und die Burg Salzderhelden.
Schriftquellen und Schrifttum (in Auswahl): Kenntnis von der Belagerung bieten einige zeitgenössische Schriftquellen wie ein Bericht und eine Notiz Göttinger Ratsherren, wie zwei Urkunden, wie Rechnungsbücher der Städte Göttingen und Duderstadt, wie Schreiben der Städte Braunschweig und Hannover, wie Geldanleihen und Schadenersatzforderungen von Teilnehmern und die Lübecker Ratschronik. Über ein Jahrhundert später berichten Historiografen über die Belagerung: Franziscus Lubecus in den Göttinger Annalen, beendet 1588, und Johann Letzner in der Dasselischen und Einbeckischen Chronica, erschienen 1596. Hessische Geschichtsschreiber berichten ebenfalls vom Zug zum Grubenhagen. Anhand der ihm zugänglichen Schriftquellen befasste sich Wilhelm Havemann 1846 mit dieser Belagerung, zuletzt Otfried Krafft in seinem Werk zu Landgraf Ludwig I. von Hessen, erschienen 2018.
Das Fürstentum Grubenhagen:
Herzog Heinrich III. von Braunschweig war in fünfter Generation Herzog im Fürstentum Grubenhagen, das 1291 aus der Aufteilung des Fürstentums Braunschweig unter drei herzoglichen Brüdern als eines von drei neuen Fürstentümern entstanden war. Das Fürstentum Grubenhagen bestand aus dem westlichen Teil mit der Stadt Einbeck und den Burgen Grubenhagen und Salzderhelden und dem östlichen Teil mit der Stadt Osterode, der Burg Herzberg und einem Teil des Harzes - davon war etwa die Hälfte, die Grafschaft Scharzfeld, an die Grafen von Honstein verlehnt - sowie einigen Exklaven. Geldmangel hatte Mitte des 14. Jahrhunderts dazu geführt, dass die damaligen Herzöge den südöstlichen Teil, die Goldene Mark mit Duderstadt, an den Erzbischof von Mainz veräußerten. siehe Karte: Fürstentum Grubenhagen 1291 - 1596
Angriff Herzog Heinrichs III. von Braunschweig(-Grubenhagen) auf Hofgeismar?
Lubecus berichtet, dass Herzog Heinrich vom Grubenhagen um den 24. Juni 1448 Kühe und anderes Vieh der Stadt Hofgeismar erbeutet, ihn verfolgende Bürger gestellt, viele erschlagen und viele gefangen genommen habe; Letzner ergänzt, dass unter den Gefangenen auch der Vogt Hans Weiluth war. Während Lubecus keinen Anlass für den herzoglichen Überfall auf Hofgeismar anführt, nennt Letzner als Grund Spottreden auf den Herzog 1447 in einer Fehde mit dem Landgrafen, besonders von Hans Weilhuth. Führt Havemann 1846 diesen Überfall noch auf eine 1447 zwischen Herzog und Landgraf ausgebrochene Fehde zurück, so vermerkt er 1853, dass der Anlass für Heinrichs Zug über die Weser unbekannt sei. Georg Max übernimmt - in seiner Geschichte des Fürstentums Grubenhagen von 1862, gefolgt von Karl Scheibe 1899 in dessen Beschreibung und Geschichte der Burg Grubenhagen - von Letzner, 1448 sei „ein großer Unwille“ zwischen Herzog und Landgraf entstanden. Ein Grund für den Unwillen wird nicht genannt. Paul Zimmermann führt im „Haus Braunschweig-Grubenhagen“ 1911 nur an, dass Heinrich 1448 eine Fehde mit Ludwig von Hessen führte. Peter Aufgebauer zufolge (1993) sei Herzog Heinrich um 1448 mehrfach vom Grubenhagen aus in die Landgrafschaft Hessen eingefallen. Krafft bringt die Belagerung der Burg Grubenhagen in den Zusammenhang mit den die Stadt Einbeck berührenden Durchzügen und eventuellen Geldzahlungen in der Soester Fehde. War hier der Landgraf noch Schlichter, so sei es bald darauf zum Konflikt gekommen. Für den Konflikt nennt Krafft keinen Auslöser, sondern schließt an, dass Herzog Heinrich gegen Hofgeismar zog, nachdem es zuvor und anschließend gute Beziehungen der Grubenhagener Herzöge zum Landgrafen gegeben habe.
Warum sollte Herzog Heinrich Hofgeismar, eine Stadt des Erzbischofs von Mainz unter dem Schutz des Landgrafen, angreifen? Scheibe (er)fand als Erklärung, dass die Feindschaft des Landgrafen so groß gewesen sei, „dass er selbst seine Untertanen bei jeder Gelegenheit aufforderte, Herzog Heinrich zu beschimpfen und zu schmähen.“ „Am meisten“ - jedoch - „rebellierten die Einwohner von Hofgeismar, die dann auch von Heinrich gezüchtigt wurden.“ Das vor Hofgeismar erbeutete Vieh und die im anschließenden Gefecht gemachten Gefangenen waren eher ein Mitnahmeeffekt, weil das wohl eigentliche Ziel, die unweit Hofgeismars liegende Burg Schöneberg, nicht hatte erreicht werden können. An dieser Burg hatten sowohl Herzog wie auch Landgraf Interesse.
Die von Hermann von Winzenburg (t 1152) errichtete und 1151 dem Erzbischof von Mainz übergebene Burg Schöneberg war bis 1303 im (Lehn)Besitz der sich danach benennenden Herren von Schöneberg. Anfang des 14. Jahrhunderts war die Burg im Besitz Herzog Albrechts von Braunschweig (-Braunschweig, 1279/1291-1318); die Hälfte davon verkaufte sein Sohn Otto der Milde (1318-1344) 1318 dem Mainzer Erzbischof. Mit der Teilung des Fürstentums Braunschweig 1345 in die Fürstentümer Braunschweig und Göttingen kam die halbe Burg Schöneberg an die Herzöge im Fürstentum Göttingen, die sie bis 1406 hielten. Danach war die gesamte Burg im Besitz des Erzbischofs von Mainz und gelangte wohl 1427 an den Landgrafen von Hessen. Interesse an dieser Burg hatten die Landgrafen von Hessen bereits Anfang des 14. Jahrhunderts. Damit erklärt sich das landgräfliche und das welfische Interesse an der Burg Schöneberg, nicht aber, warum der Herzog im Fürstentum Grubenhagen sich einer Sache des Herzogs im Göttinger Fürstentum annahm.
Heinrich III., jedenfalls, war über die Weser und durch den Reinhardswald gezogen, wohl um die Burg Schöneberg zu gewinnen. 500 Reiter seien mit ihm gezogen. Möglicherweise war die Burg Schöneberg ein zu großer „Brocken“, stattdessen trieb er das vor der Stadt weidende Vieh des unter der Burg gelegenen Hofgeismar weg. Die unter Führung von Hans Weiluth, landgräflicher Vogt der Burg Schöneberg, nachsetzenden Bürger Hofgeismars wehrte das herzogliche Heer erfolgreich ab, tötete viele, auch einen Bürgermeister, und schleppte Bürger wie Dietrich Koschin, einen Bürgermeister und den Schöneberger Vogt gefangen auf den Grubenhagen.
Die Belagerer: Fürsten und Städte:
Nachdem er vom Herzog vergeblich Genugtuung für den von diesem verursachten Schaden gefordert hätte, brachte Landgraf Ludwig als Schutzherr der geschädigten Stadt Hofgeismar ein Belagerungsheer aus drei Fürsten und 16 Städten zusammen. Der Bericht eines Göttinger Ratsherrn überliefert, dass neben Landgraf Ludwig die Herzöge Heinrich (1416/1428/1432-1482) und Wilhelm (1416/1428/1432-1473) von Braunschweig und Lüneburg, letzterer mit seinen Söhnen Wilhelm (t1503) und Friedrich (t1495), an der Belagerung Heinrichs III. auf der Burg Grubenhagen teilnahmen, dazu die Städte Braunschweig, Hannover, Göttingen, Northeim, Moringen, Hardegsen, Münden, Dransfeld, Gandersheim, Seesen, Helmstedt, Heiligenstadt, Fritzlar, Duderstadt, Hofgeismar und Höxter sowie der Amtmann der Burg Rusteberg, Günter von Uslar. Dazu hätten alle landgräflichen Städte Mannschaft geschickt. In unterschiedlicher Weise beteiligte hessische Städte waren Eschwege, Kirchhain, Schmalkalden, Melsungen, Marburg und Kassel sowie das ziegenhainische Gemünden an der Wohra. Insgesamt befanden sich mehr als 16.000 Mann, mehr als 1.500 Wagen und mehr als 2.000 Reitpferde vor der Burg Grubenhagen.
Der Erzbischof von Mainz, als Stadtherr von Hofgeismar ein Geschädigter, schickte unter dem Amtmann des Eichsfelds Aufgebote der Städte Fritzlar, Heiligenstadt und Duderstadt. Hofgeismar und Heiligenstadt waren seit dem 9. Jahrhundert im Besitz des Mainzer Erzstifts, Fritzlar seit dem 11. Jahrhundert und Duderstadt seit dem 14. Jahrhundert. Die Bürger Hofgeismars wurden von ihrem Schutzherrn, dem Landgrafen, aufgeboten wie auch die von Höxter. Diese Stadt gehörte zur Reichsabtei Corvey, dessen Kapitel und Höxter mit dem Landgrafen 1434 einen Schutzvertrag geschlossen hatten; auch Herzog Wilhelm d. Ä. habe mit Höxter verhandelt. Die weiteren im Bericht des Göttinger Ratsherrn genannten Städte hatten welfische Herzöge als Stadtherren. Abgesehen von Hofgeismar nahmen die Städte nicht aus eigenem Interesse an der Belagerung teil, obwohl Letzner hinsichtlich Göttingens Konflikte mit Heinrich III. anführt und Armbrust die Verbindungen Göttingens mit Landgraf Ludwig herausstellt. Die Städte in den welfischen Fürstentümern wurden von ihren Stadtherren, den Herzögen Heinrich der Friedfertige und Wilhelm d. Ä. aufgeboten. Heinrich und Wilhelm waren von 1416 bis 1428 Herzöge im Fürstentum Lüneburg, dann im Fürstentum Braunschweig. Dieses teilten sie 1432 in die Fürstentümer Braunschweig und Calenberg: Heinrich blieb im Fürstentum Braunschweig mit der Residenz Wolfenbüttel, Wilhelm übernahm das neu geschaffene Fürstentum mit der Burg Calenberg, nach der das Fürstentum bezeichnet wird. Letzner zufolge habe Herzog Wilhelm die Nachricht während des Landtages in Steina erhalten und konnte so die hier vertretenden Städte rasch verpflichten; die Finanzierung des Zuges sei über eine im Fürstentum Göttingen erhobene Bede erfolgt.
Was brachte die Herzöge Heinrich und Wilhelm an die Seite des Landgrafen? Ludwig I. hatte 1428 als Vermittler an den Verhandlungen zur Revision der Teilung in die Fürstentümer Braunschweig und Lüneburg von 1409 mitgewirkt und 1432 bei der Aufteilung des Fürstentums Braunschweig in die Fürstentümer Braunschweig und Calenberg; in der Spiegelberger Fehde 1434 stand er aufseiten der welfischen Herzöge. Am 13. Juli 1448 verbündeten sich der Landgraf und die vier welfischen Herzöge gegen Herzog Heinrich III., deren weitläufigen Verwandten: Urururgroßvater der Herzöge war Albrecht I. von Braunschweig (1252-1279). Beim Kriegszug eroberte Burgen, Städte und Dörfer sollten teils dem Landgrafen, teils den Herzögen zufallen. Die Fehdeerklärung des Landgrafen und der Stadt Göttingen an Heinrich III. und seine Brüder Ernst und Albrecht erfolgte am 20. Juli 1448.
Heinrich der Friedfertige brachte aus dem Fürstentum Braunschweig Truppen der Städte Braunschweig - mit ihr verbündete sich der Herzog am 21. Juli 1448 gegen die Grubenhagener Herzöge - und Helmstedt mit, Wilhelm aus dem Fürstentum Calenberg solche der Stadt Hannover. Dass Braunschweiger Bürger unter den Belagerern waren, teilte die Stadt der Stadt Lübeck am 4. August 1448 mit. Dass die Stadt dem Aufgebot des Herzogs Folge leistete, darauf wies der hannoversche Rat zwei Tage vor Beginn der Belagerung in einem Schreiben an die Edelherren von Plesse hin, in dem sie sich wegen eventueller Beschädigungen von deren Besitzungen während der Belagerung verwahrten. Neben diesen acht Städten vier verschiedener Stadtherrn hatten noch acht Städte aus dem Fürstentum Göttingen das Belagerungsheer verstärkt. In dem im Jahr 1345 aus der Teilung des Fürstentums Braunschweig entstandenen Fürstentum Göttingen gab es eine besondere Situation: Anstelle des sich 1435 aus der Herrschaft zurückgezogenen Herzogs - es war Otto Cocles (1394-1435/37, † 1463) - regierte hier seit 1437/42 Wilhelm d. Ä., Herzog im Fürstentum Calenberg. Demnach bot 1448 nicht der in Uslar lebende „Pensionär“ Otto Cocles die Städte des Fürstentums Göttingen zur Belagerung des Grubenhagen auf, sondern Wilhelm d. Ä. Die Stadt Uslar schickte - anders als bei Letzner und einigen Autoren zu lesen - keine Truppen; über die Residenzstadt Herzog Otto.
Cocles hatte Herzog Wilhelm d. Ä. keine Befugnis zur Rekrutierung in Göttingen.
Über das Göttinger Kontingent, das am 22. Juni 1448 loszog und über Moringen und Pilshagen die Burg Grubenhagen zwei Tage später erreichte, unterrichtet der Bericht eines Göttinger Ratsherrn detailliert. Aus der Stadt zogen 1000 Mann mit 85 Wagen vor den Grubenhagen. Zuständig für die Rekrutierung in Göttingen waren neben Rat und Meinheit die Gilden der Kaufleute, der Schuhmacher, der Bäcker, der Knochenhauer, der Leinenweber und Wollenweber sowie der Vereinigungen der Schmiede und Schneider. Die Kaufleute stellten 100 Mann, die Schuhmacher 66, die Bäcker 55, die Wollenweber 70, die Knochenhauer 98, die Leinenweber und die Schmiede je 50 und die Schneider 35. Das waren 524 Mann, so dass Rat und Meinheit weitere 476 rekrutierten. Von den 85 Wagen wurden 67 aus 34 umliegenden Dörfern angefordert, die restlichen Wagen gemietet. Auf die zehn Göttinger Rekrutierer waren auch die wagenstellenden Dörfer zu deren Bestückung verteilt. Die einzelnen Dörfer stellten zwischen einem und vier Wagen, Ohlenhusen und Ellershausen zusammen einen. Die meisten hatte mit 28 der Rat auszustatten, Meinheit und Gilden hatten drei bis sieben Wagen zu bestücken.
Die Göttinger Mannschaft führte zwei Geschütze mit, die „groteste busse“, genannt Machefriede, und die Scharfe Grete. Die „groteste busse“ musste von 14 Pferden gezogen werden, davon stellten der Rat sechs und je zwei vier Müller, die Scharfe Grete von zehn Pferden; diese stellten die „jungen Herren von Hardegsen“, das waren die Söhne Herzog Wilhelms d. Ä. Eine der Kanonen wurde im Felde von Meister Mathias von Northeim bedient. In Göttinger Diensten standen auch ein Erfurter Büchsenmacher - angefordert und abgestellt vom Landgrafen - und ein weiterer aus Eschwege. Göttingen lieferte dem Landgrafen vier Tonnen Pulver. Auch Duderstadt und Heiligenstadt brachten große Büchsen, also Kanonen, mit zur Belagerung; das Duderstädter Geschütz wurde unter der Leitung eines Büchsenmeisters aus Kassel abgefeuert. Außer Geschützen gehörten Büchsen und Armbrüste zur Bewaffnung der Belagerer. Aus Marburg kam ein Zimmermann; Schmalkalden sollte 100 Gewappnete schicken, bat jedoch um Reduzierung der Anzahl. Eschwege stellte Pferde.
Der Einsatz vor dem Grubenhagen verursachte den Städten Ausgaben; Bürger hatten sich auf eigene Kosten auszustatten. Die Göttinger hatten während der Belagerung täglich mehr als 200 Wagenführer und andere Personen zu versorgen; insgesamt hatten sie neben dem Rückgriff auf Vorräte an Korn und Hafer sowie für Pulver Ausgaben von über 180 Mark. Mannen und Pferde waren auch schon auf dem Weg zur Burg Grubenhagen zu versorgen. Für die Versorgung von 16 Pferden und ihren Reitern hatte ein Duderstädter in Lindau Geld verauslagt, das ihm von der Stadt erstattet wurde. Die hessische Stadt Kirchhain vermerkte Ausgaben für Zehrung unter dem Grubenhagen. Landgräfliche Beamte in Melsungen veranlassten zur Vorbereitung des Zuges zum Grubenhagen am 22. Juli 1448 den Erwerb von einer Tonne Butter in Kassel. Die Versorgung von Mensch und Tier mit Wein, Bier, Brot, Hafer, Krämer- und anderen Waren sollten gemäß des am 27. Juli 1448 „unter dem Grubenhagen“ datierten Schreibens von Herzögen und Landgraf Göttinger Kaufleute gegen Bezahlung und Schutz übernehmen. Göttingen lieferte dem Herzog vor dem Grubenhagen Butter. Darüber hinaus fouragierten die Ritter; dies ging nicht kampflos vonstatten. Es gab dabei Tote, Verwundete, Gefangennahmen und Materialverlust.
Ritter konnten bei Ausrüstungsverlusten mit ihrem Landesherrn Erstattung vereinbaren oder darauf verzichten. Ihren Verzicht erklärte am 18. August 1448 der landgräfliche Ritter Hermann Bock für sich und seine Söhne. Ein Sohn hatte bei der Lebensmittelbeschaffung Pferd und Harnisch verloren und war gefangen genommen worden. Zwei Ritter von Stockhausen hatten vor Beginn der Belagerung für ihre Aufwendungen beim Rat der Stadt Göttingen ein Darlehen aufgenommen; als Sicherheit gaben sie eine Einnahme aus einem Dorf. Auch Bürger kämpften im Harnisch. Einen solchen verlor der Hofgeismaraner Dietrich Koschin in den Kämpfen vor seiner Stadt bei seiner Gefangennahme. Er stellte beim Rat Antrag auf Schadensersatz. Ein Schiedsgericht unter dem Oberamtmann des Erzstifts Mainz beschied ihm 1452, dass er als Bürger seiner Stadt verpflichtet sei, diese auf eigene Kosten zu verteidigen. Die Stadt Gemünden (an der Wohra) beschaffte für ihre Beteiligung an der Belagerung Geld bei „den Heiligen zu Gemünden“. 22 Gulden waren 1501 noch nicht zurückgezahlt. Ob das die gesamte Summe war, bleibt offen.
Im Tross des Belagerungsheeres befanden sich auch Geistliche, die Feldmessen lasen. Zum Transport Verwundeter standen Wagen und Fuhrleute bereit. Dabei wurde auch städteübergreifend unterstützt, wie das Beispiel des Göttinger Fuhrmannes zeigt, der einen verwundeten Northeimer abtransportierte und von der Stadt Göttingen seinen Fuhrlohn erhielt. Die Belagerung forderte nach dem Bericht des Göttinger Ratmannes viele Tote, die von Bleikugeln und Pfeilen getroffen worden waren. Die Göttinger verloren ihr großes Geschütz; es war am 13. August geborsten; die Teile des Geschützes wurden am Folgetag nach Göttingen zurücktransportiert.
Das Ende der Belagerung
Trotz Geschützbeschuss wurde die Burg Grubenhagen nicht eingenommen. Bei einem Ausfall erbeutete die Burgbesatzung das Banner Landgraf Ludwigs. Eine Erstürmung der Burg scheiterte an der Uneinigkeit der Belagerer. Der Lübecker Ratschronik zufolge konnten die Parteien sich nicht darüber einigen, was danach mit der Burg geschehen solle; sie waren uneins über die ungefangene Bärenhaut, wie Letzner formuliert. Der Landgraf wollte entgegen der Abmachung vom 13. Juli 1448 die Burg übernehmen. Dieser Schmälerung des gesamtwelfischen Besitzes stimmte Herzog Wilhelm nicht zu. Die Städte verlangten eine Schleifung der Burg, um künftige Ausfälle zu unterbinden. Nach 26 oder 27 Tagen - am 18. oder 19. August 1448 - wurde die Belagerung abgebrochen.
Nach der Notiz eines Göttinger Ratsherrn ist der Krieg gegen den Grubenhagen am 2. September 1448 vor der langen Brücke zu Northeim auf dem Verhandlungswege beendet worden, d. h. es wurde das Lösegeld zur Freilassung der Gefangenen ausgehandelt. Letzner zufolge habe der Herzog nur den Vogt Hans Weilhut nicht freigegeben. Er habe ihn wegen der Spottreden vor seiner Burg an einer Eiche aufhängen lassen, obwohl ein Standesgenosse des Vogts dem Herzog ein Lösegeld von 100 Mark angeboten habe. Als „Weiluts Baum“ war die Eiche Letzner noch bekannt. Hans Weilhut habe verlauten lassen, dass es nicht schlimm sei, in die Gefangenschaft des Herzogs zu geraten, denn mit ein paar hölzernen Schüsseln könne man sich freikaufen. Etliche Autoren sehen in dieser Äußerung den Anlass für Heinrichs Überfall auf Hofgeismar; wahrscheinlicher aber ist, dass solche Worte während des Gefechts nach dem Überfall auf Hofgeismar geäußert wurden. Es war eine Anspielung auf die prekäre finanzielle Situation der Grubenhagener Herzöge. Nach dem Abbruch der Belagerung schien Heinrich III. auf der ganzen Linie Sieger zu sein: seine Burg Grubenhagen blieb unbezwungen, die Gefangenen erbrachten - zusätzlich zur Beute - ein beträchtliches Lösegeld.
Nachspiel zur Belagerung der Burg Grubenhagen
Letzner berichtet, dass sich Ludwig an Einbeck schadlos halten wollte, weil Einbeck am Beutezug des Herzogs vor Hofgeismar beteiligt gewesen war. Nach Inaussichtstellung einer Geldsumme habe der Landgraf von Einbeck abgelassen, jedoch die Burg Salzderhelden einnehmen wollen, um von hier aus Einbeck „in Schach“ zu halten. Weil eine pfiffige Frau auf dieser Burg - es war Heinrichs III. Schwester und Äbtissin von Gandersheim, die vor der Pest in Gandersheim hierher ausgewichen war, - ein Frauenhemd aus einem Fenster hängen ließ, sah der Landgraf von einer Belagerung der Burg Salzderhelden ab, denn gegen Frauen wolle er nicht kämpfen. Danach soll Herzog Heinrich III. der Stadt Einbeck die Zahlung des Gelds untersagt haben.
1457/59 kam der Belagerer von Grubenhagen, Landgraf Ludwig I. von Hessen, doch noch in den Genuss einer Nutzung der Burg Grubenhagen, als ihm die drei herzoglichen Brüder Heinrich, Ernst und Albrecht das Öffnungsrecht der Burg gegen eine Zahlung von 12.000 rheinischen Gulden zugestanden; erneuert nach dem Tod des Landgrafen mit dessen Sohn. So hatten die hessischen Landgrafen wohl einen Fuß im Spalt der Tür zur Burg Grubenhagen, doch gelang es ihnen letztlich nicht, ihren Herrschaftsbereich im Norden zu Lasten welfischer Rechte auszubauen.